Donnerstag, 19. März 2009

Der Ausblick

Elegant setzt der Adler zum Landeanflug an. „Wer bist du?“, fragt er den Mann. „Kennst du mich nicht, Adler?“, fragt der Mann verwundert. „Ich bin ein Star, mir gehört die Welt.“ „Welche Welt?“ „Was meinst du, welche Welt? Sie nach vorn, der endlose Horizont über dem Ozean.“ Der Adler spannte seine Flügel aus und machte einen Satz nach vorn. Er stand jetzt ganz vorne am Felsvorsprung. Fragend drehte er sich zu dem Mann um, „ und das alles gehört dir?“ „Nunja, nicht ganz.“ „Das verstehe ich nicht“, der Adler ließ seinen Blick schweifen. Er erkannte eine Maus, die tief unter ihm über die Felsen huschte. „Weißt du, Adler, eben noch gehörte das alles mir. Doch jetzt teile ich mit dir.“ „Warum mit mir?“ „Sie dich um, mit wem sollte ich sonst teilen?“ „Ich sehe meine Freundin und die Jungen. Ich habe zwei Söhne. Sie sind immer bei mir, tief in meinem Herzen.“ „Gut, dann teilen wir uns die Welt zu fünft.“ „Aber wie kannst du dich mit einem Fünftel zufrieden geben, wenn dir noch eben die ganze Welt gehörte?“ Der Adler verstand nicht. „Schließe die Augen, Adler!“ Der Adler schloss die Augen. „Jetzt spann die Flügel aus und lass dich fallen.“ Der Adler öffnete die Augen wieder und sah den Mann an. „Wie weiß ich, dass ich dir vertrauen kann?“ „Schließ die Augen und lass dich fallen, Adler. Du wirst verstehen. Vertrau dir selbst, mich brauchst du nicht.“ Der Adler schloss die Augen wieder. Er drehte den Kopf nach vorn und spannte die Flügel aus. Er zögerte. Doch dann ließ er sich fallen. Der Adler flog durch die Luft, immer schneller. Meter um Meter schoss er auf den Ozean hinaus. Der Adler bekam Angst, er hatte das Gefühl für die Welt um sich herum verloren. Er wusste nicht mehr in welche Richtung er flog, ob überhaupt noch geradeaus oder gar hinunter. Er riss die Augen auf, unter ihm glitzerte die Sonne golden im Wasser. Als der Adler sich umsah konnte er den Mann nicht mehr erspähen. Der Felsen war leer. Der Adler war weit vom Ufer weg. Ein Gefühl von Einsamkeit ergriff ihn, es verwandelte sich in Panik. Abrupt machte der Adler kehrt und flog mit großen Flügelschlägen zum Ufer zurück. Er sah seinen Schatten über die Gräser und Steine huschen. Dann sah er den Baum, in dem er das Nest für seine Familie gebaut hatte. Er spürte Erleichterung als er seine Lieben erblickte. Der Adler landete im Nest und schloss die Kleinen unter seine Flügel. Die beiden Jungen schliefen. Jetzt ließ der Adler seinen Blick wieder durch die Ferne schweifen und er verstand. Der Adler drückte seine Flügel noch etwas fester um seine kleine Familie.

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