Samstag, 13. Dezember 2008

Rückenwind

Schwarze Löcher im Universum. Unaufhörlich ziehen sie Masse an. Diese folgt ihrem Schicksal, ohne nachzudenken, und verschwindet. Irgendwo existiert das schwarze Loch des Glücks. Man kann Glück nicht kaufen. Machtkämpfe dominieren nicht nur Ghettos, der Regen durchweicht auch Jacketts. Man kann es verkaufen.

Ich habe die Entscheidung. Stehe an einer Wegzweigung und habe keine Münze. Ein Weg ist groß und eben. Er ist ausgebaut und verspricht eine leichte Reise. Am Ende steht Reichtum und damit verbunden die unendlichen Möglichkeiten. Der Weg hat ein Ende. Der andere ist klein und ein wenig versteckt. Ich nehme diesen Weg und habe Angst. Kein Ende in Sicht, nur die Etappenziele vor Augen. Doch ich habe mein Glück nicht verkauft und wenn ich es verliere habe ich noch meinen Stolz. Das schwarze Loch geht leer aus, die Welt gewinnt an Farbe.

Montag, 8. Dezember 2008

In aller Stille

Als die rhythmischen Schläge der Trommeln für einen Moment verstummten, hallten nur noch die aufgeregten Kläffer der Hunde über den See. Es war eine ruhige Nacht. Wie ein Filter hatten sich die Wolken vor den perfekten Vollmond gelegt und sorgten dafür, dass sich der Unterschied zwischen Himmel, Bergen und See nur in variierenden Grautönen ausdrückte. Das ferne Glitzern der Laternen am anderen Ufer verriet die Zivilisation, doch die Menschen hatten sich zurückgezogen um geschützt vor der Dunkelheit auf einen neuen Morgen zu warten. Nur wer genau hinschaute, seine Ängste und Gefühle für einen Moment vergaß, der konnte es sehen. Die Macht des imposanten Berges, der die Kraft hatte alles zu vernichten. Ihm Untergeordnet das Wasser, das sich in dieser Nacht fast lautlos bewegte und dabei unbemerkt ein Reich verdeckte, das wohl noch viel größer als das sichtbare war. Der wacklige Steg unter den Füßen des ruhigen Beobachters jedoch war das schwächste Glied in der Kette. Erstaunlich mutig ragte er in das Unbekannte des Sees hinein und schaffte somit einen Platz der Schwerelosigkeit. Die Hunde hatten sich beruhigt. 
Dann brach die leichte Wolkendecke auf und ließ den Mond so freistehend zurück, dass man sich fragen mochte wie es ihm möglich war dort oben so fest in seiner Position zu verharren.
Im leicht schwankenden Wasser konnte sie ihr Gesicht erkennen. Die Angst war einem entschlossenen Blick gewichen. Vorsichtig ließ sie sich in das lauwarme Wasser gleiten. Sie war keine gute Schwimmerin und als sie nach wenigen Minuten den Steg weit hinter sich gelassen hatte, wusste sie ihre Kräfte überfordert zu haben. Ihre schmerzenden Arme ließen keinen langen Kampf mit dem Verstand zu. Für Augenblicke wurde das zirpende Geräusch der Grillen an Land von dem durcheinandergewirbelter Wassermassen übertönt. Dann Stille. Wolken schoben sich vor den Mond und einzig die Kleidungsstücke auf dem Steg blieben als Zeugen der nächtlichen Szene zurück.

Das kleine Mädchen

Angespannt sitzt es auf seinem Kinderstuhl, die Arme auf den Tisch gestützt. Das kleine Mädchen. Eine für seine Hände viel zu große Schere arbeitet sich zittrig durch das Papier. Gefährlich fest hat es seine Zunge zwischen die Zähne geklemmt, der Blick ist glasig konzentriert. Als wolle es die Figur mit den Zähnen aus dem Papier reißen, bewegt sich sein Kiefer angespannt hin und her, mit dem Kopf folgt es den Bewegungen der Schere. 

Scheppernd fällt die Schere auf den Tisch, das Mädchen springt auf, stößt dabei seinen Stuhl nach hinten um. Ein stolzes Strahlen dominiert sein Gesicht. Es zerknüllt das übrige Papier, wirft es in die Ecke und presst seinen neuen Schatz fest an die Brust. Seine Hand ist gerade groß genug um es zu verbergen - ein Herz aus Papier. Mit dem neuen Besitz kommt die Angst. Schnell rennt das Mädchen hinter das Bücherregal in die geheime Ecke. Es ist meins, denkt es sich. Das kleine Mädchen.

Auf der anderen Seite des Bücherregals hebt ein kleiner Junge das Blatt vom Boden auf. Auf dem verknitterten Papier erkennt er sein Bild. Ein großes herzförmiges Loch klafft in der Mitte. Was was er mühevoll gezeichnet hatte, verschwunden, herausgerissen. Mit großen Augen starrt er auf den Fetzen, den er in seinen Händen hält. Eine Träne kullert über seine Wange. Der kleine Junge.